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Story 138 – 1847 – Innovation Geschäftsmodell Produkte

Aufstieg eines spät entwickelten Geschäftsbereichs

Rohre fertigt Wieland erst ab 1850 – dann aber richtig

Anfangs spielen Rohre keine Rolle bei Wieland. Erst mit neuen Fertigungstechnologien hält der Geschäftsbereich Einzug, zunächst in Ulm und im Zweigwerk Herrlingen. Durch zahlreiche Weiterentwicklungen gewinnt der Bereich dann aber rasch an Bedeutung.

Als Philipp Jakob Wieland seinen Betrieb 1820 startet, fertigt er bald schon eine Vielzahl an Produkten – aber noch lange keine Rohre. Pumpenzylinder für Feuerspritzen und Bierpumpen werden gegossen und dann geschliffen, Wasserrohre noch aus Blei hergestellt. Auch sein ab 1828 aufgebauter Standort an der Bochslermühle, Ulm fertigt zwar Draht und Bleche, aber keine Rohre. Zumal dafür traditionell noch immer die handwerklichen Kupferschmieden zuständig sind.

Erst ab 1847 beginnt an dem neuen Standort Herrlingen die Produktion von „Röhren“, wie sie damals noch genannt werden. Die Herausforderung: Das schon länger bekannte Herstellen von Rohren durch das Einrollen eines Blechstreifens, der dann an der Naht durch einen einfachen Falz verschlossen wird, ist für Kupfer- und Messingrohre ungeeignet. Sie müssen an den Längsnähten verlötet werden. Eine Technik, die Mitte des 19. Jahrhunderts noch in den Kinderschuhen steckt. Entsprechend hoch sind die Schwierigkeiten, vieles wird durch Ausprobieren entwickelt und die Ausschussraten sind hoch. Im Ulmer Werk werden deshalb Rohrstutzen auch durch das Treiben und Drücken von Blech hergestellt.

Die gelöteten Rohre werden nach dem Löten weitergezogen und mehreren Zwischenglühungen unterzogen. Eine diffizile Arbeit, die viel Geschick und Erfahrung erfordert – wegen der Auflösung des Lötgefüges aber die Lötnaht letztlich nicht mehr erkennen lässt. Zum Ziehen der Rohre kommen meist selbst gebaute Ziehbänke zum Einsatz, die im Kern auf Erfindungen Leonardo da Vincis zurückgehen. Lange arbeiten die Ziehbänke mit Zahn- oder Gewindestangen, Riemen und Seilen sowie viel Muskelkraft. Später unterstützen Flaschenzüge die anstrengende Arbeit.

Letztlich bleibt die aufwändige Rohrfertigung in den ersten Jahrzehnten ein stark handwerklich geprägter Bereich, zumal die Nachfrage nach Rohren noch begrenzt ist – ebenso wie das Portfolio der daraus hergestellten Produkte.

Ob und wie Philipp Jakob Wieland an seinem Herrlinger Standort die Wasserkraft zur Rohrfertigung nutzt, ist nicht bekannt; Aufzeichnungen darüber gibt es nicht. Sicher ist, dass er ab 1864 im Ulmer Werk ein neues, technologisch viel moderneres Kapitel der Rohrfertigung aufschlägt.

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Wieland Rohre und Rippenrohre

Angebot 1866

1866 ist das Angebot an Rohren noch überschaubar. Erst in diesem Jahr beginnt Wieland, Gussrohlinge zu nahtlosen Rohren zu ziehen.

Visualisierung Ziehbänke

Einfache Ziehbänke mit Zahnstangen erfordern trotz der Untersetzung der Handkurbel viel Muskelkraft. Zur Aufnahme der Kräfte sind die Beine der Ziehbank in der Erde eingegraben.