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Story 099 – 1945 – Geschäftsmodell Produkte

Not macht erfinderisch

Nach dem 2. Weltkrieg produziert Wieland Haushalts- und Küchengeräte

In den ersten Jahren nach dem 2. Weltkrieg mangelt es an allem. Daher verlegt sich das Unternehmen darauf, aus den verfügbaren Rohmaterialen das herzustellen, was die Menschen am dringendsten brauchen: Artikel für den täglichen Bedarf.

In den letzten Monaten vor Kriegsende ist die Produktion im Ulmer Werk nach dem verheerenden Bombenangriff vom 17. Dezember 1944 fast vollständig zum Erliegen gekommen. Auch das Werk in Vöhringen wird Ende April 1945 bei Kampfhandlungen schwer in Mitleidenschaft gezogen. Entsprechend zeichnet der Geschäftsbericht für das Jahr 1945 ein düsteres Bild: „Das Berichtsjahr […] ist das schwerste und traurigste in der Geschichte des Hauses Wieland gewesen“, deshalb kam „das Ulmer Werk bis zum Spätsommer 1945 nicht mehr richtig zum Anlaufen. Auch das Werk in Vöhringen konnte von Mitte April bis Spätherbst 1945 kaum produktive Arbeit leisten. Dementsprechend betrug der Jahresumsatz nur noch einen Bruchteil der früheren Jahresumsätze.“

Aber nicht nur die stark beschädigten Produktionshallen oder fehlende Arbeitskräfte sind ein Problem. Der Nachschub an Kupfer und anderen Nichteisenmetallen war schon während des Krieges stark eingeschränkt, was auch die Aluminiumproduktion – für die Luftfahrtindustrie –stärkte. Jetzt kommt die Materialversorgung fast völlig zum Erliegen. Und: Für die typischen Halbzeuge aus dem Hause Wieland gibt es schlicht keine Abnehmer.

Was aber dringend gebraucht wird, sind Alltagsgegenstände: Töpfe, Haushaltsgeräte, Bettgestelle und vieles mehr. Bei Wieland macht man aus der Not eine Tugend: Für das Herstellen solcher Produkte in überschaubaren Stückzahlen sind ausreichend Restbestände an Material, vor allem Aluminium, vorhanden. Und so beginnen bereits ab Mai 1945 die ersten 71 Nachkriegsmitarbeiter mit der Produktion: Aschenbecher, Bettgestelle, Türbeschläge, Kohleeimer, Besteck, sogar kleine elektrische Speicher. Insgesamt rund zwei Dutzend verschiedener Produkte, darunter auch Aluminiumkochtöpfe, von denen einer bis heute im Wieland-Archiv überdauert hat.

Teilweise gehen die Produkte auch als gern gesehener „Naturallohn“ direkt an die Mitarbeiter, an Weihnachten 1946 als „Weihnachtsgeld“ sage und schreibe 5.700 Küchengeräte! Sogar eine Fließbandfertigung wird eingerichtet – kurz darauf setzt aber die Währungsreform mit der Einführung der D-Mark im Juni 1948 dem ungewöhnlichen Produktportfolio ein jähes Ende: Die Herstellung von Küchen- und Haushaltsgeräten wird 1949 wieder eingestellt. Sie bleibt eine Episode – und Zeugnis einer außergewöhnlichen Zeit.

Aluminium-Gabel

Aluminium-Besteck gehört schon während des Krieges zum Wieland-Produktprogramm und findet auch nach 1945 Abnehmer.

Marmeladentopf

Auch aus Messingschrott und -restbeständen werden – wie schon vor dem Krieg – Haushaltsgegenstände wie dieser Marmeladentopf gefertigt.