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Story 134 – 1848 – Produkte

Vom Nischenprodukt zum Verkaufsschlager

Rohre werden zu gefragten Produkten des Industriezeitalters

Als Wieland Mitte des 19. Jahrhunderts in die Produktion von Rohren einsteigt, ist die Nachfrage noch überschaubar. Erst die zunehmende Industrialisierung und neue Rohrzug-Technologien machen die Rohrherstellung zu einem prosperierenden Bereich mit einer Vielzahl von Anwendungen und Produkten.

Nicht nur technische Herausforderungen beschränken das Röhren-Produktionsprogramm anfangs erheblich. Es ist die mangelnde Nachfrage, die in den ersten Jahrzehnten nennenswerte Innovationen und Stückzahlen einbremst. So ist es vornehmlich Wieland selbst, der für Bedarf sorgt. Das Produktangebot Mitte des 19. Jahrhunderts umfasst zahlreiche Gegenstände, die aus selbst gefertigten Rohren hergestellt werden: Leuchter, Lampen, Pumpen und vieles mehr. Halbzeuge für Industriekunden werden dagegen zum Beispiel 1848 nur wenige angeboten: sogenannte Brunnenstiefel aus gelötetem Messingblech, Zeigerrohre für Uhrmacher, gezogene Messingrohre für den optischen Bedarf und gelötete für „Lampisten“, also Lampenhersteller.

Ganz neue Anwendungen für Röhren entstehen durch die allgemein einsetzende Industrialisierung und Modernisierung in Deutschland. In Ulm äußert sich der Anbruch eines neuen, von viel Technik geprägten Zeitalters unter anderem durch die Einführung der Gasbeleuchtung in den Jahren 1857/58. Schon 1863 bietet Wieland gelötete „Gasrohre“ mit bis zu 2,7 Metern Länge inklusive der erforderlichen Anschlussstücke und Befestigungsflanschen an und betritt damit einen Geschäftsbereich, der bis heute eine wichtige Rolle spielt.

Zeittypisch sind diese Rohre aus gestalterischen Gründen auch gewunden oder canneliert, also mit einer Ornamentprägung, erhältlich. In Paris erwirbt Philipp Jakob Wieland eigens eine Maschine zur Herstellung der gewundenen Rohre. Besonders eindrucksvoll gestaltete Rohre kommen aber nicht für Gasleitungen, sondern für Altarleuchter zum Einsatz.

Aufgrund der wachsenden Nachfrage steigt in der Folge nicht nur die Vielfalt der Produkte, sondern auch deren Preis. Bereits 1881 bietet Wieland Rohre in unzähligen Wandstärken und Weiten an, und dies in Messing und Goldmessing. Ein Jahrzehnt später reicht das Angebot von einem Millimeter dünnen, nahtlosen Messingrohren mit gerade einmal 0,1 Millimeter Wanddicke bis zu „Präcisions & Opticus-Röhren“ mit bis zu 370 Millimetern Durchmesser.

Zu großer Bedeutung gelangen in den folgenden Jahrzehnten auch Herdstangen und Gardinenstangen aus Bimetallrohren mit Eiseneinlage. Als deren Stern Ende der 1920er-Jahre sinkt, ist längst ein neuer aufgegangen: Rohre für Kondensatoren und Wärmetauscher, aber auch für Schiffsausrüster und Maschinenbauer begründen einen neuen, zukunftsträchtigen Geschäftsbereich.

Mehr erfahren über
Wieland Rohre und Rippenrohre

Auszug Katalog Wieland Rohre 1900

Bereits um 1900 fertigt Wieland Rohre mit unterschiedlichsten Querschnitten, Durchmessern und Wandstärken. Diese Rippenrohre sind frühe Vorläufer späterer Kondensatorröhren.

Auszug Katalog

Lange werden Röhren zu Leuchten und Kandelabern verarbeitet. Die gewundenen und mit geprägten Verzierungen versehenen Rohre entsprechen dem Stil des ausgehenden 19. Jahrhunderts.

Kaleidoskop

Gut, dass jemand dieses cannelierte Rohr zu einem Kaleidoskop umfunktioniert hat. Es macht noch heute die nach dem Ziehen der Rohre aufgeprägten filigranen Verzierungen haptisch erlebbar.

Auszug Preisliste 1902

Der Auszug aus einer Preisliste von 1902 vermittelt einen Eindruck von der Vielfalt des Wieland-Angebotes. Zu dieser Zeit gewinnen nahtlos gezogene Rohre zunehmend an Bedeutung.