Die Probe aufs Exempel: Metallurgie anno 1828
Mit neuen Legierungen zu neuen Produkten aus Walzblechen
Der innovative Geschäftsbereich mit gewalzten Blechen erfordert spezielle Materialien. Diese entwickelt Philipp Jakob Wieland ab 1828 – hauptsächlich mit Erfahrung und Probieren. Die so entwickelten Messingbleche eignen sich bestens zur Umformung – und damit für viele neue Produkte.
Als Philipp Jakob Wieland 1828 die Bochslermühle erwirbt und anschließend in ein Walzwerk umbaut, betritt er in vielerlei Hinsicht technologisches Neuland. Die Maschinen und Werkzeuge für das Walzen müssen erst entwickelt und gebaut werden. Vor allem sind Kupferlegierungen erforderlich, die sich einerseits für das Walzen eignen und die sich andererseits später zu den gewünschten Endprodukten umformen lassen.
Im Prinzip also eine Quadratur des Kreises, für die damals das metallurgische Grundwissen noch weitestgehend fehlt. Stattdessen hat Wieland aber eine hervorragende Ausbildung und reichlich Erfahrung, nicht zuletzt durch seine Wanderschaft durch halb Europa. In seiner Gießerei, die weiterhin im Stammgebäude in der Ulmer Rosengasse verbleibt, entwickelt er Legierungen, die sich für das Walzen und spätere Umformen besonders eignen. Dabei geht er nach dem “trial-and-error"-Prinzip vor: Die Begutachtung des Walzprozesses und anschließende Biege- und Bruchproben sowie farbliche Beurteilungen entscheiden über die Eignung. Bis 1832 kristallisieren sich so vier Kupfer-Zink-Legierungen mit Kupfergehalten zwischen 61,8 und 68,9 Prozent heraus.
Die Messingbleche kommen zunächst vorwiegend bei der Eigenproduktion von Metallwaren zum Einsatz – etwa bei Pfannen, Leuchtern, Beschlagteilen oder auch den innovativen Ketten für Waagschalen und Lampen, für die Wieland 1844 eine hohe Auszeichnung erhält.
Bis 1854 entwickelt Wieland vier weitere Legierungen, die vornehmlich für Halbzeuge zum Einsatz kommen. Drei davon enthalten eine geringe Menge Zinn, das nicht nur der Farbe, sondern auch der Festigkeit zugutekommt: „Extra Prima (68,9% Kupfer, 30,3% Zink, 0,8% Zinn), „Sekunda“ (57,1% Kupfer, 41,5% Zink, 1,4% Zinn) und der wegen des hohen Kupfergehaltes rot schimmernde „Tombak“ (88,7% Kupfer, 10.8% Zink und 0,5% Zinn). Die zinnfreie Legierung „Tertia“ (56,8% Kupfer, 43,2% Zink) kommt vorwiegend für Uhrenplatinen zur Anwendung.
1866 wird reines Kupferblech ins Programm aufgenommen, in den folgenden Jahrzehnten ändert sich dann wenig an den Legierungen für Walzbleche – sieht man von einer sukzessiven Verringerung des Zinnanteils ab.
Erst ab der Jahrhundertwende nimmt die Zahl der Legierungen sprunghaft zu, auch weil die bleihaltigen Varianten „Quarta“ und zahlreiche Differenzierungen von „Tombak“ hinzukommen. 1908 gießt Wieland 40 Legierungen, die Hälfte davon für Walzbleche.
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