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Story 198 – 1850 – Innovation Produkte

Ein wichtiges Kapitel Industriegeschichte

Aufstieg und Niedergang der Kondensatorrohre

Kondensatorrohre als Wärmeübertrager in Dampfmaschinen erlangen ab etwa 1850 Bedeutung. Im 20. Jahrhundert werden sie aufgrund innovativer Legierungen und Fertigungsverfahren zu einem Prestige-Produkt von Wieland. Erst das Aufkommen neuer Materialien führt 1980 zur Einstellung des Produktbereiches.

Während die Rolle der Dampfmaschine für die Industrialisierung zur Allgemeinbildung gehört, ist eine wichtige Innovation in diesem Zusammenhang kaum bekannt: Erst als es gelingt, die Abkühlung des Dampfes aus dem Zylinder heraus in ein nachgelagertes Rohr zu verlegen, setzt sich die Dampfmaschine als Energielieferant für Industrie und Eisenbahn flächendeckend durch. Hatten Wärmeübertrager aus Kupfer beziehungsweise Kupferlegierungen bis Mitte des 19. Jahrhunderts bei Bierkühlern und Destillationsapparaten eine eher überschaubare Rolle gespielt, werden sie nun zu einem gefragten Industrieprodukt.

Nicht von ungefähr startet Wieland um diese Zeit mit der Fertigung von Rohren. Zum wichtigen Lieferanten von Kondensatorrohren, die damals innen und außen glatt sind und Durchmesser zwischen 15 und 25 Millimeter haben, wird Wieland zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Das neu eingeführte Strangpressverfahren erlaubt nicht nur das Umformen besonders fester Messingsorten, sondern auch größere Rohrlängen – und dies bei guter Wirtschaftlichkeit.

Werden zunächst nur Kupfer-Zink-Legierungen für die Kondensatorrohr-Fertigung eingesetzt, steigt die Zahl der Legierungen in den folgenden Jahrzehnten beständig an. 1933 werden auch Rohre aus Kupfer-Nickel-Verbindungen, sogenanntem Marinemessing (mit 1 Prozent Zinn-Anteil), Halbtombak, Aluminiummessing und Kupferbronze angeboten; zudem gibt es Rohre, die in einem Tauchverfahren verzinnt werden. Aufgrund der sensiblen Anwendung im Umfeld von Dampfmaschinen müssen die Kondensatorrohre aufwändige Zulassungsverfahren der Abnehmer durchlaufen.

Nach dem 2. Weltkrieg zählen zu den Abnehmern große Namen der Industrie wie AEG, MAN, BBC oder Westinghouse – Kondensatorrohre gehören zu den Prestige-Produkten von Wieland. Aber obwohl seit 1974 in Vöhringen die Produktion von 25 Meter langen Rohren möglich ist, hat die Kondensatorrohr-Fertigung ihren Zenit überschritten: Zunehmender Wettbewerb, vor allem aber auch das Aufkommen von Edelstahl- und Titanrohren verändern das Marktumfeld.

Dieses bietet nun bei Rohren für die Hausinstallation wesentlich bessere Umsatz- und Ertragschancen. Folgerichtig macht Wieland 1980 einen konsequenten Schritt: Die Produktion von Kondensatorrohren wird eingestellt.

Ein Prospekt aus dem Jahr 1933 zeigt die Vielfalt der Legierungen, die Wieland für die hoch beanspruchten und sicherheitsrelevanten Kondensatorrohre anbietet.