Eine Frau steht ihren Mann: Mathilde Wieland
Die Gründerwitwe steuert Wieland ins Industriezeitalter
Mathilde Wieland, seit 1862 zweite Ehefrau von Philipp Jakob Wieland und dessen Nichte, ist nicht nur die Mutter der späteren Firmeninhaber. Vielmehr führt sie nach dem Tod ihres Mannes das Unternehmen 19 Jahre lang mit großem Erfolg durch schwierige Zeiten.
Mathilde Wieland wird am 23. Februar 1838 als Tochter des „Goldochsen“-Wirts und Brauereibesitzers Johann Jakob Wieland geboren. Ihr Vater ist der Bruder von Philipp Jakob Wieland, der zu diesem Zeitpunkt schon seit fast zwei Jahrzehnten eine florierende Messingfabrik betreibt.
Die junge Mathilde arbeitet zunächst im elterlichen Brauereibetrieb mit. Sie ist offenbar ein attraktives Mädchen: Ihrer Tante Franziska, der Frau ihres Onkels Philipp Jakob, fällt an der Fünfzehnjährigen auf, dass sie „nach und nach eine schöne Jungfrau“ werde, die das aber leider auch schon wisse. Als Franziska 1860 stirbt, wird Mathilde Haushälterin in der Villa des verwitweten Onkels. Dass sie es dabei gut versteht, eine große Zahl von Hausangestellten und Firmenmitarbeitern zu „managen“, bleibt diesem nicht verborgen.
Es ist also wohl nicht nur romantische Liebe, die die beiden 1862 vor den Traualtar führt. Dass hier Onkel und Nichte – noch dazu über 45 Jahre Altersunterschied hinweg - den Bund fürs Leben schließen, ist zeittypisch völlig normal. Auch, dass den Jungvermählten zwischen 1863 und 1867 in rascher Folge vier Kinder geboren werden, darunter die Söhne Philipp und Max.
Dies kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Philipp Jakob Wieland zunehmend mit den Gebrechlichkeiten des Alters zu kämpfen hat – und deshalb oft seine junge Frau mit auf seine Geschäftsreisen nimmt. Während seiner häufigen Kuraufenthalte in Wildbad ist sie es, die dem leitenden Kaufmann Gottlieb Stahl und dem Cheftechniker Robert Wiegandt im Büro neben der Villa über die Schulter schaut.
Als Philipp Jakob Wieland 1873 stirbt, ist Mathilde also nicht völlig unvorbereitet. Zu Ehren ihres Mannes verteilt sie sofort 500 Gulden an die Arbeiter und stiftet 3000 Gulden zur Errichtung eines Pensionsfonds. Vor allem aber entwickelt sie die Firma zukunftsträchtig weiter, etwa durch die Installation der ersten Dampfhämmer und –maschinen. Sie meistert so nicht nur die Wirtschaftskrise Mitte der 1870er-Jahre, sondern auch den Übergang in das industrielle Maschinenzeitalter.
Nachdem ihre Söhne in das Unternehmen eintreten - Philipp 1887, das „Nesthäkchen“ Max“ 1892 – kann sich diese außergewöhnliche Frau beruhigt auf ihr Landhaus in Herrlingen zurückziehen. Dort stirbt Mathilde Wieland 1920, genau 100 Jahre nach Gründung des Unternehmens, im Alter von 82 Jahren.