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Story 071 – 1919 – Menschen

„Schirmherr“, „Schutzschild“ und „Vatergestalt“

Karl Eychmüller – die Personifizierung von Wieland

Kein anderer prägt das Unternehmen länger als er: Karl Eychmüller kommt 1919 zu Wieland, vier Jahre später ist er Vorstandsmitglied, später 37 Jahre lang Vorstandsvorsitzender, dann noch viele Jahre Vorsitzender des Aufsichtsrates. In dieser langen Zeit wird er zur „Vatergestalt“ des Unternehmens.

1892 in Ulm geboren, absolviert der Sohn eines Bauunternehmers nach der Schulzeit zunächst eine Banklehre und dann ein kaufmännisches Studium in Köln. Den gesamten 1. Weltkrieg macht er als Soldat mit, ab Anfang 1919 versieht er – als Ersatz für seinen verstorbenen Onkel – den Posten des Direktors bei der Gewerbebank Gerabronn. Kaum dort angekommen, bittet ihn Max. R. Wieland, in die damalige Wieland & Cie. einzutreten. Ein Wunsch, dem der 27-jährige am 1. Oktober 1919 gerne nachkommt.

Damit beginnt eine außergewöhnliche Karriere, deren Details jeden Rahmen sprengen würden. Ein Jahr nach seinem Eintritt erhält er Prokura, 1923 wird er in den Vorstand der Aktiengesellschaft berufen, nach dem Tod von Max R. Wieland 1935 wird er dessen Nachfolger als Vorstandsvorsitzender – ausgestattet mit allen Vollmachten seines Vorgängers.

Nach dem 2. Weltkrieg, der ihn in der Rolle eines „Wehrwirtschaftsführers“ sieht und an dessen Ende er den Beschuss von Ulm durch beherztes Eingreifen verhindert, ist er für einige Wochen Oberbürgermeister seiner Heimatstadt – dann wird er von den Alliierten wegen seiner Rolle in der NS-Wirtschaft abgesetzt und inhaftiert. Dessen ungeachtet kommt im Rahmen der Entnazifizierung die Spruchkammer zu dem „absolut klaren“ Urteil, Karl Eychmüller sei „kein überzeugter Anhänger der NS-Gewaltherrschaft“ gewesen und stuft ihn als „Mitläufer“ ein.

Zurück in der Verantwortung für Wieland gehört der Wiederaufbau der Firma zu seinen herausragenden unternehmerischen Leistungen. Darüber hinaus ist er in zahlreichen Verbänden und Gremien tätig – und nicht zuletzt als Vorstand des Ulmer Münsterbauvereins. Energie tankt der Vielbeschäftigte auf langen, einsamen Waldspaziergängen; im Umgang mit Herausforderungen zeichnen ihn Gelassenheit, Mut und Zuversicht aus. Vor allem aber auch eine tiefe menschliche Aufrichtigkeit und wohlwollende Güte gegenüber anderen, vorrangig seinen Beschäftigten. Auf ihn geht der Anspruch zurück, Wieland müsse seinen Mitarbeitern eine wahre „Arbeitsheimat“ sein.

Anlässlich seines Wechsels in den Aufsichtsrat 1972 resümiert ein Redner etwas pathetisch, aber doch zutreffend: „In Ihrem Glauben an den Sieg des Guten als dem Sinn der Geschichte … haben Sie all ihre Kraft eingesetzt, um für Wahrhaftigkeit und Aufrichtigkeit, für Sauberkeit und vornehme Sachlichkeit zu wirken.“ Der bis heute Unvergessene stirbt 1981 im Alter von 89 Jahren.

Karl Eychmüller bei einer Ansprache an die Belegschaft

Karl Eychmüller bei einer Ansprache an die Belegschaft. Von dieser wird er wegen seiner sozialen Grundeinstellung und von gegenseitigem Respekt getragenen Führungsphilosophie sehr geschätzt.

Karl Eychmüller bei einem Betriebsausflug 1937

Karl Eychmüller – hier bei einem Betriebsausflug 1937 – genießt auch wegen seiner Nähe zu den Menschen und deren Anliegen großes Ansehen.

Gedenkschreiben Karl Eychmüller

Wieland intern gedenkt im April 1981 Karl Eychmüller. Herausgehoben wird vor allem seine „geistig fest fundierte Lebenseinstellung“ und sein „Ringen um den sozialen Ausgleich.“