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Story 155 – 1823 – Geschäftsmodell Produkte

Warum Philipp Jakob Wieland ständig Mühlen kauft

Wasserkraft ebnet den Weg zu einem neuen Geschäftsmodell

Schon früh sieht der Firmengründer die Chance, die in der Fertigung von Halbzeugen liegt. Zum Walzen von Blechen und Bändern fehlt ihm am ersten Standort aber ein wesentlicher Faktor: Wasserkraft zum Betreiben der Walzwerke. Der Ankauf von Mühlen wird deshalb zur entscheidenden Erfolgsstrategie.

Dass sich Philipp Jakob Wieland schon bald nach Gründung seiner Firma 1820 nach neuen Geschäftsfeldern umsieht, die über das Glockengießen und das Herstellen von Haushaltsgeräten hinausgehen, hat einen Grund auch in der Zunftordnung: Noch immer bestimmt dieses uralte Regelwerk, wer was unter welchen Bedingungen produzieren darf. Ausgenommen sind nur neue Industrieprodukte, an die die Zünfte noch gar nicht gedacht haben: Bleche und Bänder aus Messing etwa, die als Vorprodukte oder Halbzeuge an weiterverarbeitende Produzenten geliefert werden. Philipp Jakob Wieland erkennt das Potenzial dieses Geschäftsmodells. Er weiß aber auch, dass er hierzu unabdingbar die Wasserkraft, also Mühlen, benötigt – die Dampfkraft als Alternative steckt noch in den Kinderschuhen.

Obwohl es in Ulm reichlich Wasser und viele Mühlen gibt, erweist sich der Kauf seiner ersten Mühle als bürokratischer, zäher Kraftakt. Westlich von Ulm, am malerischen Flüsschen Blau, liegt die Lohmühle des Müllers Beiselen, der Wieland gerne ein nicht mehr benötigtes „Tabakrad“ zum Betrieb eines Messingblech-Walzwerkes verpachten würde. Die beiden haben die Rechnung aber ohne die Obrigkeit gemacht, die ihnen von 1823 bis 1827 immer wieder wasserrechtliche oder technische Knüppel zwischen die Beine wirft. Der erboste Beiselen schreibt einmal sogar an das Oberamt, ein ablehnendes Gutachten in der Causa sei „aus baarem Unverstand, wo nicht gar aus verdamlicher Bosheit hervorgegangen.“

 

Kaufvertrag 1828

Kaufvertrag mit Langzeitwirkung: 1828 erwirbt Philipp Jakob Wieland die Bochslermühle „unter den Fischern“, eine Sägemühle, und baut sie danach aufwändig zum ersten echten Walzwerk aus.

Brief 1831

Start des neuen Geschäftsbereiches: 1831 gibt Wieland bekannt, „daß ich kommenden Sommer mein Meßing-Blech-Walzwerk in meine Sägmühle verlegen werde.“

Bis das Walzwerk an der Lohmühle endlich in Betrieb gehen kann, hat Wieland eine noch bessere Alternative gefunden: die Bochslermühle am Zusammenfluss von Blau und Donau. Er kauft das Anwesen 1828 und baut es dann aufwändig bis 1831 um. Dann gehen ein Walzrad, ein Polierrad, ein Hämmerrad sowie ein Drehrad in Betrieb. Die Maschinen dazu baut Wielands Freund Johann Georg Krauß, vom dem er 1859 die Spitalmühle samt großem Grundstück am Ostrand Ulms erwirbt – dort, wo mehr als 100 Jahre lang der Stammsitz des Unternehmens liegen wird. Ebenfalls von Krauß wird 1864 im beschaulichen Örtchen Vöhringen eine Mühle mit 47 Tagwerk Grund gekauft. Die bayerische Obrigkeit gestattet dies dem Württemberger Wieland mit der weitsichtigen Begründung, dass „sehr vielen Ortsbewohnern lohnender Verdienst in Aussicht gestellt ist.“

Außerdem betreibt Wieland seit den 1840er-Jahren zwei Mühlen in Herrlingen, die aber später wieder aufgegeben werden.